Bürger sollen Stadtteile leiser machen
Lärmaktionsplan der Stadt: „Sie wissen am besten, wo es zu laut ist“
Tempolimit, Flüsterasphalt und Radwege: Seit vier Jahren versucht die Stadt Bochum durch Maßnahmen die Lärmbelastung zu verringern. Nun geht die Stadtverwaltung in die nächste Runde und will weitere „laute Orte“ in den Stadtteilen ausfindig und leiser machen. Dabei sollen vor allem die Bürger helfen. „Sie kennen ihren Stadtteil am besten und wissen, wo es zu laut ist“, sagt Kerstin Zänger vom Umwelt- und Grünflächenamt.
Nach einer Online-Befragung Ende vergangenen Jahres gab es im Amtshaus in Weitmar nun eine erste öffentliche
Diskussionsrunde mit Bürgern, Vertretern der Stadtverwaltung und der Bogestra. Die Kern-fragen an die Bürger: Wo ist es besonders laut? Was kann sich ändern? Die Zahl der anwesenden Bürger war zwar überschaubar, aber es wurden nichtsdestotrotz zahlreiche Vorschläge für den Südwesten gesammelt, wo Verbesserungsbedarf besteht.
Zusätzlich zu weiteren Tempolimits wurde eine eigene Straßenbahntrasse entlang der Hattinger Straße vorgeschlagen, eine bessere Anpassung von Ampelschaltungen und altes Kopfsteinpflaster durch Flüster-asphalt zu ersetzen. Außerdem sollten an Hauptstraßen bei Neubauten Schallschutzfenster zur Pflicht werden. Denn, so die Bürger, der meiste Lärm komme von den Schienen und dem Verkehr. „Das ist in einem Ballungszentrum wie dem Ruhrgebiet aber wenig verwunderlich“, sagt Zänger. Störend ist er trotzdem und macht auch noch krank.
„Lärm ist ein Stressfaktor und wird als belastend empfunden. Schlafstörungen, Herz- und Kreislauferkrankungen, Gehörschäden oder Bluthochdruck können beispielsweise die Folge sein“, erklärt Heike Köckler, Professorin für Sozialraum und Gesundheit der Hochschule für Gesundheit in Bochum. Aber anders als beim Diesel beispielsweise gibt es für Lärm keine Grenzwerte, um Änderungen zu erzwingen, sondern nur Richtwerte. Und die sind nicht nur nicht bindend, sondern auch noch unterschiedlich.
Die Richtwerte des Bundesumweltamtes, um gegen Lärm vorzugehen, liegen bei einer Lautstärke von 65 Dezibel (dB) bzw. 55 dB zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Die Europäische Union dagegen empfiehlt erst ab Werten von 75 dB bzw. 65 dB tätig zu werden. Jedoch allein die Straßenbahn verursacht im direkten Umfeld Geräusche von bis zu 80 dB. „Das ist aber kein Dauerlärm, sondern hängt immer davon ab, ob die Bahn gerade stark bremsen muss oder ob sie anfährt. Wenn sie fährt, sind die Werte deutlich leiser“, erklärt Bogestra-Sprecher Christoph Kollmann.
Das ÖPNV-Unternehmen nehme das Thema „seit Jahren sehr ernst“, sagt Kollmann. Die Bahnen seien bei der Lärmreduzierung auf dem neusten Stand der Technik. „Viele Bahnen fahren bereits mit besonders geräuscharmen Rädern“, so Kollmann.
Darüber hinaus würden unter anderem die Gleise regelmäßig geschliffen, um besonders in Kurven das Quietschen der Räder zu vermeiden. „Aber bestimmte Geräusche lassen sich nicht verhindern. Das Bahnen komplett geräuschlos unterwegs sind, wird es nicht geben“, sagt Kollmann.