Das Feuer glüht immer noch
Geschichte vor Ort: Die „Schmiede“ Stegerhoff
Von außen eher unscheinbar, von innen ein echtes Schmuckstück: Die Schmiede Stegerhoff zählt zu den ältesten Betrieben Altenbochums. Das genaue Alter kennt allerdings niemand mehr.
Wer den Betrieb an der Wasserstraße 80 das erste Mal betritt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Gleich rechts an der Wand steht die sogenannte Esse, auf der früher das Schmiedefeuer geglüht hat. Doch was heißt früher? „Ein paar Mal im Jahr machen wir dort auch heute noch Feuer“, sagt Bernd Stegerhoff, der den Familienbetrieb bereits in der vierten Generation führt. Und das nicht nur, wenn Schulklassen oder Kindergärten zu Besuch sind. „Es gibt immer noch Einzelstücke, die sich am besten über dem offenen Feuer bearbeiten lassen.“
Es war sein Urgroßvater Johann, der einst aus dem Münsterland ins Ruhrgebiet gekommen ist und den Betrieb in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts übernommen hat. Wie lange es die Schmiede, die gleich neben einem Schacht der Zeche Friederika stand, zu diesem Zeitpunkt schon gab, lässt sich leider nicht mehr ermitteln.
Vor allem die beginnende Industrialisierung kam dem Betrieb damals zugute. „Es ging vor allem um Hufbeschlag und Wagenbau“, so Stegerhoff, der in seiner Werkstatt eine kleine „Museumsecke“ eingerichtet hat. Neben selbst geschmiedeten Zangen und anderen Werkzeugen hängen dort auch noch jede Menge alte Hufeisen. Eindruck macht auch ein rund 250 Kilo schwerer Amboss, der immer noch genutzt wird. Oder das gewaltige, kegelförmige Ringrichthorn, auf dem sich eiserne Ringe fertigen lassen. „Irgendwie hängt man an den alten Brocken“, sagt Stegerhoff mit einem Schmunzeln.
Bauern, Brauereifahrer, Händler und natürlich die Zulieferer des Bergbaus: Sie alle zählten zu den ersten Kunden der Schmiede. Und auch später waren die Bochumer Zechen wichtig für den Betrieb. „Hier herrschte immer ein reger Verkehr“, hatte Heinrich Stegerhoff (der Großvater des jetzigen Inhabers) seinem Nachbarn Wilhelm Bündemann einst erzählt. „Manchmal holperten 15 Kohlenfuhrwerke, die von der Zeche Dannenbaum – Schacht II – kamen, hinteinereinander über die Straße.“ Nachzulesen sind die Erinnerungen in der Chronik „Altenbochum – gestern – heute“, die Bündemann 1978 herausgegeben hat.
Wer die modernen Werkzeuge und Gerätschaften in der heutigen Schlosserei einmal ausblendet, kann den Geist der Vergangenheit noch immer spüren. Die alten Ziegelwände sind von innen liebevoll restauriert worden, für Wärme sorgt ein „Bullerjan-Holzfäller-Ofen“.
Der alte Blasebalg, mit dem manchmal auch die Kinder früher für ordentlich Hitze im Schmiedefeuer sorgen mussten, ist allerdings einem Gebläse gewichen. Dafür ist der Kohlenschacht unter der Esse noch immer vorhanden.
Mit den Jahren hat sich der Betrieb natürlich immer weiterentwickelt. In den Kriegszeiten gab es auf dem Gelände sogar einmal eine kleine Shell-Tankstelle, die die Amerikaner gerne zu einer Großtankstelle ausgebaut hätten.
Bernd Stegerhoff hat sein Handwerk an der Ruhr-Universität gelernt: Metallbau, Fachrichtung Konstruktionstechnik. Die Bezeichnungen „Schmied“ oder „Schlosser“ gibt es nur noch in der Umgangssprache. Seit rund 25 Jahren ist er im Betrieb, 2001 hat er das Unternehmen von Vater Wilhelm übernommen.
Neben traditionellem Design wird heute natürlich auch viel mit Edelstahl gearbeitet. Außerdem werden mit modernsten Maschinen Bleche zugeschnitten und bearbeitet. Das allerdings in einem Anbau, gleich neben der historischen Werkstatt.
Zu den Kunden zählen Privatpersonen, Architekten und Unternehmer. Das Angebot umfasst Geländer, Treppen, Vorsatzbalkone, Zäune und mehr. „Erst kürzlich haben wir eine Jugendstilzaun-Anlage gefertigt“, sagt Stegerhoff. „In moderner, aber gleichzeitig traditioneller Jugendstilform – für ein dazu passendes Objekt.“
Individuelle Anpassungen sind immer noch das Herzstück des Betriebes. „Wichtig ist immer, was zu dem jeweiligen Gebäude am besten passt.“
Welch bedeutende Rolle die Familie Stegerhoff für das Schlosser- und Schmiedehandwerk in Bochum gespielt hat, zeigt auch ein kunstvolles Ehren-Diplom, das an einer Wand im Büro hängt – gleich neben einer alten Standuhr. Es ist auf den Schlossermeister Johann Stegerhoff ausgestellt, Mitbegründer der seit 1884 bestehenden Schmiede-Innung in Bochum. Überreicht wurde es 1909, zum 25-jährigen Jubiläum der Innung. Es ist das älteste Dokument des Familienbetriebes.