Kein Leben ohne Aufgabe
Hermann Fabry aus Weitmar reitet seit 80 (!) Jahren
An einem sonnigen Mittwochmorgen ist viel los auf dem Gelände des ländlichen Reit- und Fahrvereins Höntrop. Ställe werden ausgemistet, Pferde geputzt und gestriegelt – und in der Reithalle ist bereits ein Reiter unterwegs. Im lockeren Trab bewegt er das schwarzbraune Pferd durch die Bahn. Hermann Fabry aus Weitmar ist schon früh aufgestanden, so wie er es eigentlich jeden Morgen tut. Das ist für die meisten normal, für einen 90-Jährigen jedoch eher ungewöhnlich. Am Rande der Reitbahn beobachtet Ehefrau Hilde Mann und Pferd bei der Arbeit. Für gewöhnlich reitet das Paar gemeinsam. „Ich kann im Moment aus gesundheitlichen Gründen nicht reiten“, sagt die 87-Jährige, „werde es aber wieder tun, sobald es geht“. Entschlossenheit blitzt aus ihren Augen, während Hermann Fabry mit seiner Stute Renè auf dem Weg nach draußen ist. Auf dem Hof angekommen schwingt er sich von dem 1,72 hohen Pferderücken und landet fest auf beiden Beinen. „Das Reiten hält mich fit“, sagt der agile Senior, „und reiten im Alter bedeutet auch eine enorme Selbstbestätigung.“
Zum „alten Eisen“ zählt er sich noch lange nicht. „Fünf Tage die Woche sitze ich im Sattel und an zwei Tagen in der Woche gehe ich noch arbeiten. Aus Passion“, erklärt Fabry, der als Dermatologe seinerzeit auch Mitbegründer der klinisch medizinischen Fakultät Bochum war. Und während seine Praxis mittlerweile von Nachfolgern übernommen wurde, „mache ich dort heute noch die Gerichtsgutachten“, erklärt er. „Ein Leben ohne Aufgaben macht keinen Spaß“, so die schlichte Erklärung für sein sportliches Leben.
Fabry wurde 1925 geboren. „Ich kenne diese Stadt als hässliche Gründerstadt und als einen rauchenden Trümmerhaufen nach dem Krieg“, erinnert er sich. Viel hat er mitgemacht, erlebt und gesehen. Was ihn über all die Jahrzehnte begleitet hat, ist die Liebe zum Pferd. „Ein Pferd tut alles für ein Stückchen Zucker“, erklärt er seine Faszination. „Das ist wie mit der Mitarbeiterführung“, fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu. Fabry kennt sich da aus. Bis zu 45 Mitarbeiter hatte er im aktiven Berufsleben.
Fabry reitet nun seit rund 80 Jahren und schenkte sich zu seinem 84. Geburtstag ein neues Pferd. Mit Ehefrau Hilde ist er seit 55 Jahren glücklich. Hat er ein Geheimrezept? Oder trägt er gar ein „Methusalem-Gen“ in sich? „Nein, Disziplin ist das wichtigste im Leben. Ohne werden sie nie so alt“, sagt er.