Mit bunten Bildern mehr Begeisterung

Kinder in Deutschland können immer schlechter lesen. Am Ende der Grundschulzeit kann einer Studie der „Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU)“ zufolge jeder vierte Viertklässler nicht richtig lesen. „Dass so viele Kinder mit mangelnder Lesekompetenz die Grundschule verlassen, hat mich überrascht. Ich finde das erschreckend“, sagt Frank Wilke.
Viele Probleme könnten durch Bildung behoben werden, „aber für Bildung muss man lesen können“, sagt der 58-Jährige aus Dahlhausen. Daher hat er sich etwas einfallen lassen: Mit Comics will er Grundschülern den Spaß am Lesen vermitteln. „Auch leseschwache Kinder nehmen gerne mal einen Comic in die Hand“, ist er sich sicher. Der 58-Jährige ist kein Pädagoge und auch kein Politiker, sondern schlicht jemand, der mit seiner Idee „anschieben will“. Nach dem Motto: „Nicht mehr meckern, sondern anpacken!“
In Bochum setzen bereits zwei Schulen seine Idee um: neben der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Eppendorf auch die Grundschule in Dahlhausen. „Die Kinder finden das schön. Und Comics mit Bildern sind motivierender, als gleich ein Buch mit 180 Seiten“, sagt Rektorin Christiane Schmidt. Es sind Comics wie „Asterix & Obelix“, „Lucky Luke“, „Benni Bärenstark“ oder „Die Schlümpfe“. Meistens Hardcover, weil sie länger halten. Wichtig ist aber vor allem der Inhalt.
„Die DC- oder Marvel-Comics mit zum Beispiel Batman, der einen Psychopathen wie den Joker jagt, halte ich für nicht kindgerecht“, sagt Frank Wilke. Und sogar bei ‚Tim und Struppi‘ ist nicht jeder Band empfehlenswert. „Da es damals, als sie geschrieben wurden, an der ein oder anderen Stelle Charaktere gab, die heute mit dem Vorwurf des Rassismus konfrontiert werden könnten.“
In Dahlhausen werden die Comics in den Klassen 2 bis 4 eingesetzt. „Es kommt nicht nur bei den Leseschwächeren gut an, sondern bei allen Kindern“, erzählt Rektorin Schmidt.
Frank Wilke freut sich, dass seine Idee ankommt. Wichtig dabei ist zu erwähnen, dass er keinerlei finanzielle Absichten verfolgt. Im Gegenteil, er macht das ehrenamtlich. „Als Kind habe ich selbst gerne gelesen, auch Comics. Lesen macht Spaß und ich möchte diesen Spaß weitervermitteln“, erklärt der 58-Jährige seine Motivation.
Die Grundschulen spricht er in seiner Freizeit an, wirbt um Unterstützung für den Comic-Kauf – bei Geschäftsleuten oder Ärzten aus den Stadtteilen – und sucht die passenden Exemplare heraus. Der Kauf wird dann über die Fördervereine der Schulen geregelt. Der Ideengeber ist nur der Vermittler.
Die Idee, mit Comics die Lesebegeisterung zu steigern, kam ihm ganz spontan, als er mit seiner Tochter telefonierte. Sie ist Grundschullehrerin in Baden-Württemberg und klagte im Gespräch über mangelnde Schulausstattung für die individuelle Förderung von Kindern. „Bin eben ein typischer Vater und da habe ich gesagt: ‚Schick mir eine Liste und ich besorge es für deine Klasse‘.“ Doch die Tochter lehnte dankend ab. „Aus einer spontanen Eingebung heraus sagte ich: ‚Dann schicke ich Comics, damit die Kinder mehr lesen‘.“ Seither sind die bunten Hefte Teil des Schulbetriebs.
„Wenn man Kinder mit Comics begeistern kann, ein Buch in die Hand zu nehmen, warum nicht?“, so der 58-Jährige, der auf Nachahmer hofft – auf mehr Schulen und Sponsoren, die dies unterstützen. „Ich hoffe, dass das Projekt so gut ankommt, dass es weitergeführt wird.“