Nicht mal ein Klingelschild
Im Mai 2015 berichtete VorOrt exklusiv über Pläne, auf einer bis dahin brachliegenden Fläche an der Wittener Straße ein Pflegeheim für russischsprachige Migranten zu errichten. Heute, fast zehn Jahre später, steht lediglich der Rohbau. Und die verantwortlichen Personen tauchen ab. VorOrt war daher auf Spurensuche in Berlin, denn dort sind ihre Unternehmen gemeldet.
Berlin an einem grauen Oktobertag. An der Dominicusstraße im Stadtteil Schöneberg erhoffen wir uns Antworten. In dem grauen, fünfgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus mit der Nummer 32 sollen alle Fäden zusammenlaufen. Denn hier haben nicht nur die Asisa GmbH, der Pflegedienst, der das Altenbochumer Heim betreiben soll, sondern auch der Bauträger Padool GmbH ihren Firmensitz. In beiden Unternehmen sitzt Larisa Impris in der Geschäftsführung. Wir haben viele Fragen an sie.
Die erste Überraschung erwartet uns am Klingelschild. Eine einzige Klingel läutet angeblich bei vier Unternehmen: Asisa GmbH, Vitavis, Sana Vita und Imodom. Rätselhaft ist vor allem der letzte Name, denn die Imodom GmbH wurde schon im August 2016 in Padool GmbH umbenannt. Auf dem Klingelschild steht also ein seit acht Jahren veralteter Name, und der aktuelle Bauträger des Projekts Pflegeheim an der Wittener Straße fehlt. Firmenschilder gibt es übrigens auch keine.
Fast 15 Minuten lang drücken wir in regelmäßigen Abständen den Klingelknopf. Geöffnet wird uns nicht. Also gehen wir rüber zum "Bülbül Späti" gleich nebenan.
Hier steht Ali hinter dem Verkaufstresen, eigenen Angaben zufolge „schon echt lange“. Den Namen Larisa Impris hat er allerdings noch nie gehört. Und mit einem Foto der umtriebigen Geschäftsführerin kann er auch nichts anfangen. „Ich glaube nicht, dass die schon mal hier war“, sagt er und schüttelt den Kopf.
Wie vertrauenswürdig ist ein Unternehmen, das in Altenbochum einen Millionen-Neubau hochziehen will, an seinem Firmensitz aber nicht einmal auf einem Klingelschild steht? „Wie kann das sein?“, fragen wir Larisa Impris einige Tage später per Mail. Eine Antwort erhalten wir nicht.
Der Geschäftsführerin der Padool GmbH haben wir noch weitere Fragen gestellt, zum aktuellen Sachstand des Projekts, zu der langen Phase des Stillstands auf der Baustelle und zu den Gerüchten, das Unternehmen habe das Vorhaben längst aufgegeben und suche nun händeringend nach einem Käufer für den Rohbau. Impris hüllt sich in Schweigen.
Den Geschäftsberichten der Padool GmbH ist ebenfalls nichts zu dem Bochumer Bauvorhaben zu entnehmen. Die Zahlen lassen jedoch nichts Gutes erahnen. Der in diesem September fertiggestellte Jahresabschluss für 2022 weist in der Spalte „Eigenkapital“ eine „0“ auf. Die Verbindlichkeiten des Unternehmens belaufen sich dagegen auf über zwölf Millionen Euro. In dem Bericht steht noch folgender Satz: „Eine insolvenzrechtliche Überschuldung ist nicht gegeben, da im Anlagevermögen ausreichend stille Reserven vorhanden sind.“
Fündig wird man dagegen in den Geschäftsberichten des Pflegedienstes Asisa GmbH, die ebenfalls auf der Plattform northdata veröffentlicht sind. In den Jahresabschlüssen seit Beginn der Baumaßnahme wird immer wieder auf das Projekt Bezug genommen. Im Jahr 2020 heißt es dann sogar explizit: „Wir haben dem Unternehmen Padool GmbH ein Darlehen für den Bau eines Hauses gewährt. Dieses Haus wird 55 betreute Wohnungen enthalten. Die Padool GmbH ist verpflichtet, nicht nur die Zinsen für das Darlehen an uns zu zahlen, sondern muss auch das Objekt an uns vermieten, sodass eine Weitervermietung an unsere Patienten erfolgen kann. Die Fertigstellung und der Umzug in das komplett neugebaute Gebäude sind für Anfang 2022 geplant.“
Woran die Fertigstellung möglicherweise wirklich hakt, steht dann im Abschluss für das Jahr 2021: „Die Geschäftsführung beaufsichtigt das Bauvorhaben an der Wittener Straße 230 in Bochum. Nützt die Gelegenheit, um Kontakte zu potenziellen Patienten und Krankenhäusern zu knüpfen. Leider wurden seit 2020 wegen der pandemischen Lage diese Möglichkeiten ausgeschlossen, aber die Asisa GmbH sucht neue Wege, um Eigenwerbung voranzutreiben.“
Ganz offensichtlich besteht für den Pflegedienst derzeit also keine Möglichkeit, ein Pflegeheim mit diesen Ausmaßen mit Patienten zu füllen. Und solange diese nicht gegeben ist, ist die Zukunft des Bauprojekts ungewisser als je zuvor.