Weitmars „Kleiner“ will beim FC Schalke 04 ein Großer werden
Tom Sindermann hat den Sprung zu einem Bundesligaverein gewagt und will in große Fußstapfen treten
Als Mini-Kicker noch im knielangen Trikot von Weitmar 45, heute beim Nachwuchs des Bundesligisten Schalke 04 - das Beispiel von Tom Sindermann zeigt, wie schnell es im Fußball gehen kann. „Das war früher alles total fern von mir, damals ging es nur um Spaßfußball. Heute ist es deutlich mehr. Es ist manchmal schon irre, ein Traum ist in Erfüllung gegangen“, berichtet der 16-Jährige, der nach wie vor in Weitmar bei seinen Eltern lebt.
Schon früh eröffneten sich dem talentierten Kicker größere Perspektiven. Als mit elf Jahren erstmals ein Angebot vom VfL Bochum kam, fühlte sich Sindermann - ein bodenständiger Typ - noch nicht so weit. „Das wäre mir damals zu viel Stress gewesen“, sagt der 1,76 große defensive Mittelfeldspieler. Stattdessen wechselte er 2010 zur SG Wattenscheid 09, spielte zwei gute Saisons, wurde Westfalenmeister und empfahl sich für höhere Aufgaben.
Bei Schalke gefiel ihm vor allem das Konzept. „Sie legen großen Wert auf die Jugendarbeit“, erzählt er. Zuletzt schafften es Kaan Ayhan und Max Meyer aus der eigenen Jugend in die Bundesliga-Mannschaft, auch Julian Draxler oder der gebürtige Bochumer Joel Matip stammen aus dem eigenen Nachwuchs. Und mit Leon Goretzka steht ein Jungspund, der beim VfL Bochum seine Ausbildung genossen hat, regelmäßig in der Startelf.
Für Sindermann ist das ein Ansporn, aber lange noch kein Grund abzuheben. „Natürlich will ich gerne den Sprung schaffen, aber ich gehe lieber kleine Schritte“, sagt er und bleibt für sein Alter enorm realistisch: „Man muss sich nur die Quoten anschauen, wie wenige es schaffen.“ Bei Schalke hat Sindermann in dieser Saison auch von seinem Trainer, dem Ex-VfL-Profi Frank Fahrenhorst profitiert, der auf ihn als Vizekapitän setzte. Bei seinem Einstieg in der U15 war die frühere Zweitliga-Ikone Willi Landgraaf sein Trainer. „Ein super Typ“, wie Sindermann sagt. Überhaupt schwärmt er von den Schalker Nachwuchstrainern: „Es wird sehr auf einen geachtet, das Menschliche kommt nicht zu kurz.“
Das ist auch wichtig, denn der 16-Jährige opfert mit dem Traum vom Profifußball ein Stück seiner Jugendzeit. Dessen ist er sich bewusst: „Das ist der Preis, den man zahlt. Das ist kein Problem, ich kann auch noch feiern gehen, wenn ich älter bin.“ Und natürlich erlebt Sindermann auch abseits des Platzes Dinge, die anderen Jugendlichen verwehrt bleiben. So war er etwa mit seiner Mannschaft hautnah mit den Schalke-Profis bei der Champions-League-Qualifikation in Saloniki dabei.
Doch der Alltag ist oft stressig: Von Montag bis Freitag geht es von der Schule per Fahrdienst direkt zum Training, auch ansonsten ist er höchstens zum Zwischenstopp zu Hause. Nur mittwochs und samstags hat er Fußballfrei. Und von den Ferien hat Sindermann nur knapp eine Woche, denn sieben Tage nach Beginn der Schulferien ist bei Schalke Trainingsauftakt. Bislang gelingt Sindermann der Spagat zwischen Freizeit, Schule und Sport. Auf dem Hellweg-Gymnasium, einer Sportschule, kann er unkomplizierter frei bekommen. Die Schule wird dabei nicht vernachlässigt: Ein Notenschnitt von 1,7 spricht für sich.
Auch sportlich läuft alles nach Plan. Die U16 der Schalker musste in der abgelaufenen Saison in der Landesliga antreten, weil sie in der Spielzeit davor ihre Mannschaft abgemeldet hatten. Der Aufstieg wurde von allen erwartet, doch im Winter stand lediglich Platz vier. Dank einer sensationellen Rückrunde - die Schalker gewannen alle Spiele - gelang am Ende doch noch der Aufstieg und zwar am letzten Spieltag. „Natürlich bekommt man den Druck mit, aber unser Trainer hat uns vor äußeren Einflüssen geschützt. Und auf dem Platz bekomme ich sowieso nichts davon mit“, sagt der Defensiv-Spezialist.
Zum 6:1 im Endspiel gegen den Aufstiegskonkurrenten Marl-Hüls steuerte er einen Treffer bei. Das kommt nicht von ungefähr, immerhin spielte Sindermann bei Weitmar auf der Zehn und in Wattenscheid Stürmer. In dieser Rückrunde spielte Schalkes „Sechser“ dann als Innenverteidiger. Der Treffer gegen Hüls war insgesamt schon sein Zwölfter. „Allerdings schieße ich bei uns auch die Elfmeter“, verrät er. Acht von neun Strafstößen hat er versenkt.
Diese Nervenstärke muss er auch in der kommenden Saison auf höchstem Niveau beweisen. Dann läuft Sindermann für Schalkes U17 auf, die in der Junioren-Bundesliga West gerade Dritter geworden ist. Einmal durfte er schon in dieser Saison ran, erzielte bei seinem Debüt gegen Gladbach gleich ein Tor. Da steigt die Vorfreude auf die nächste Saison und auch der kürzere Urlaub schmerzt da weniger. Doch jetzt will er erst einmal mit seiner Familie und seinen Freunden vom ganzen Fußball-Trubel abschalten - viel Zeit bleibt ja nicht.